Das Wohnangebot der Arche ist so vielfältig, wie die Menschen, für die es gemacht ist. Den einen bietet es ein «Für-immer-Zuhause», den anderen eins auf Zeit. Ein Besuch in den verschiedenen Wohnhäusern bietet einen Einblick und in die Geschichten der Bewohner:innen.
In ihren Wohnhäusern stellt das Arche Wohnen Menschen mit psychischen Problemen, Persönlichkeitsstörungen, Depressionen und/oder Suchterkrankungen betreuten Wohnraum zur Verfügung. Die Bewohner:innen kämpfen zusätzlich oft mit multimorbiden Erkrankungen, die auf ihre Vergangenheit zurückzuführen sind; sie finden in der Arche ein Zuhause, das ihren Bedürfnissen gerecht wird. Mehrmals höre ich von Mitarbeitenden bei der Recherche zu diesem Text Äusserungen wie «wir sind die letzte Möglichkeit für diese Menschen, sonst bleibt ihnen nur noch die Strasse oder die Notschlafstelle» oder «es gibt einfach Menschen, die sind ohne Schutzengel zur Welt gekommen». Besonders bedrückend die Einschätzung des Sozialpädagogen David Benz, der erklärt: «Wenn ich erlebt hätte, was unsere Klient:innen teilweise ertragen mussten, ich wäre wahrscheinlich heute nicht mehr da.»
Dass das Wohnen in einer dieser betreuten Wohngemeinschaften nichts mit Ferienlager-Stimmung oder Abenteuer zu tun hat, wird spätestens nach solchen Gesprächen deutlich. Isabel Blatter, Pflegefachfrau Psychiatrie, bringt es auf den Punkt: «Unsere Arbeit birgt ein grosses Potenzial an Unvorhersehbarem aufgrund des Rucksacks, den hier jede:r mit sich trägt.» Die gefassten Ziele scheinen für einen Aussenstehenden auf ziemlich geringem Niveau gehalten: Die Menschen sollen darin unterstützt werden, den Tag gut herumzubringen. Es soll darauf fokussiert werden, was jemand kann oder möchte und nicht etwas anderes gefordert werden. Ein therapeutisches Angebot oder eine fixe Tagesstruktur sind nicht Teil des Konzeptes, wohl aber Unterstützung und Begleitung im Alltag sowie die Förderung der Wohn- und Sozialkompetenz. Jede:r Bewohner:in hat seine persönliche Bezugsperson, zu der oft eine enge Beziehung entsteht.
Die Frustrationsgrenze ist bei vielen sehr tief, jede noch so unscheinbare Situation kann sofort eskalieren. Viele sind ihres Lebens müde und mögen nicht mehr, was die Arbeit der Betreuenden zusätzlich erschwert und bisweilen an den Kräften zehren kann. Entgegen aller Schwermut und Sorgen gibt es immer wieder schöne Momente und Geschichten, über die wir unter dem Titel «Mein Stück Glück» berichten dürfen. So erzählt M.K. über seine Freiheit, die er dank seines Elektro-Choppers erleben darf oder aus Nora und Rolf sprudelt es nur so heraus, wenn die beiden vom Leben mit ihrer Hündin Nala berichten.
Aus einem der Arche-Wohnhäuser zieht selten jemand aus. Dass jemand eine eigene Bleibe im umkämpften Zürcher Wohnungsmarkt findet und den Schritt in die Selbständigkeit wagt, ist fast unmöglich. Eher werden die Menschen pflegebedürftig und müssen an eine entsprechende Institution überwiesen werden, wo ihnen die nötige Unterstützung zuteilwird.
Wohnhaus Blümlisalp (Betreutes Wohnen)
Ein dreistöckiges älteres Wohnhaus mit hübschem Charme im Zürcher Enge-Quartier. Es verfügt über 18 Einzelzimmer, einen grossen Aufenthaltsraum, eine Küche und das Büro für die Betreuenden im Erdgeschoss. Im Keller befindet sich das Musik- und Malzimmer. Die Bewohner:innen haben von Montag bis Freitag die Gelegenheit, ein gemeinsames Mittagessen zu geniessen, dienstags wird zusätzlich ein Abendessen angeboten und am Samstag wird am langen Tisch gebruncht. Andere Aktivitäten oder tägliche Fixpunkte werden vom Team nicht regelmässig angeboten. Trotzdem es sich um eine Hausgemeinschaft handelt, sind die Interessen und Motivationen der Bewohnenden sehr verschieden und gemeinschaftliche Aktivitäten treffen nur selten auf grosse Resonanz. Die Betreuungspersonen stehen jedoch für Anliegen, Fragen oder als Begleitung zu externen Terminen oder Besorgungen gerne zur Verfügung; ausserdem wird wöchentlich einmal in jedem Zimmer «zum Rechten» geschaut. Zum externen Betreuungsnetzwerk (Hausärzt:innen, Beiständ:innen, Psychiater:innen) oder dem Arud (Zentrum für Suchtmedizin) findet ein ständiger Austausch statt.
Wohnhaus Hohlstrasse (Betreutes Wohnen)
Insgesamt 28 Wohnplätze in modernen Studios oder Wohnungen verschiedener Grösse stehen in Zürich-Altstetten zur Verfügung. Jede Wohngemeinschaft verfügt über eine eigene Küche und ein Badezimmer. Täglich ab 10 Uhr ist der Gemeinschaftsraum geöffnet. Die Bewohnenden können sich für Gespräche an einen der Tische setzen, einen Kaffee geniessen, Medikamente und das Tagesgeld in Empfang nehmen. Der Raum wird so zur Drehscheibe in einem sonst eher nüchternen Gebäude. Einige wenige gehen einer Arbeit nach, andere verbringen die Tage in ihrem Zimmer oder in der Stadt. Das Betreuungsteam besucht zweimal pro Woche jeden Bewohnenden, um nachzuschauen, ob alles in Ordnung ist und die WG-Ämtli wie Küchen- oder Badreinigung erledigt werden. Die Teamleiterin Lioba Schober ist überzeugt, dass «allein unsere Anwesenheit, unsere Ernährungs- oder Hygienetipps, unsere Begleitung und die Gespräche einen gewissen therapeutischen Effekt auf die Menschen haben. Sie erfahren den Zusammenhang von Handlung und Konsequenz». Zu Terminen werden die Klient:innen auf Wunsch begleitet, der Kontakt zum externen Netzwerk wie zum Arud oder der Hausärzt:in, Psychiater:in, Beiständ:in usw. wird vom Team gepflegt, wie in allen Wohnhäusern der Arche.
Wohnhaus Stationsstrasse (Integrierendes Wohnen)
In den acht 3.5-Zimmer-Wohnungen sind in Wohngemeinschaften Menschen zuhause, die aus verschiedensten Gründen vorübergehend nicht komplett selbständig leben können, die auf ein geringes Mass an Begleitung angewiesen sind. In einem (freiwilligen) wöchentlichen Gespräch werden sie bei ihrer Re-Integration in die Eigenständigkeit unterstützt, sei es in Alltagsfragen oder bei der Suche nach einer eigenen Wohnung. Die Bewohnenden sind gesundheitlich stabil und sind in der Lage, Medikamente zu besorgen, für sich einzukaufen, zu kochen und externe Termine selbst wahrzunehmen. Wenn es für alle in der Gemeinschaft in Ordnung ist, dürfen Haustiere gehalten werden. Im Erdgeschoss des Hauses befindet sich das Büro der Fachstelle für Integration, zu Bürozeiten ist immer jemand vor Ort, an den sich die Bewohner:innen der Stationsstrasse mit Fragen und Anliegen wenden können, selbst auch ausserhalb des Termins des Wochengesprächs.
Wohnhaus Waid (Betreutes Wohnen)
Im ruhigen Waidquartier in Zürich steht das Wohnhaus Waid, das 15 Menschen mit Suchterkrankungen – oder anderen psychischen Problemen in Wohngemeinschaften verschiedener Grösse ein Zuhause bietet. Die Bewohnenden organisieren sich selbständig, wer mag, kann jedoch von Montag bis Freitag am Mittagessen im Gemeinschaftsraum teilnehmen. Einmal pro Woche findet die «Wohnungs-Sitzung» statt, die freiwillig ist. Ebenfalls einmal wöchentlich schaut das Betreuungsteam in jeder Wohnung vorbei. Der Aufenthaltsraum als Dreh- und Angelpunkt steht unter der Woche täglich von 8 bis 18 Uhr allen offen. Nebst dem Mittagessen wird zweimal im Monat ein Nachtessen oder ein Event angeboten, organisiert durch das Betreuungsteam. Bei schönem Wetter treffen sich die «Waidler» und ihre Haustiere gerne im wunderschönen Garten für Gespräche oder einfach, um die Sonne und die Ruhe des Quartiers zu geniessen. Es wird ein enger Kontakt zum externen Betreuungsnetz der Klient:innen gepflegt, insbesondere die Zusammenarbeit mit dem Arud wird von der Sozialpädagogin Annatina Stahel hervorgehoben. Die Atmosphäre mutet familiär an, die gelebte Philosophie in diesem – wie auch den anderen Häusern – ist «Lebensweltorientiert». Das Ziel einer lebensweltorientierten sozialen Arbeit ist der gelingendere Alltag für die Bewohnenden. Sie bietet Hilfe zur Selbsthilfe an und befähigt, bestehende Routinen und behindernde Lebensverhältnisse zu verändern oder neue Möglichkeiten von Bewältigungsmustern kennenzulernen und anzuwenden.