Sozialpädagogik+Psychotherapie ≥ Sozialpädagogische Familienbegleitung
Die Kombination von sozialpädagogisch und psychotherapeutisch aufsuchender Familienarbeit ist mehr als seine Summe. Eine gelingende interdisziplinäre Zusammenarbeit kann einen Prozess in einer Familie vertiefen und nachhaltig unterstützen. Ein Interview mit Tanja Rebsamen, Sozialpädagogin bei der Arche Für Familien.
Was bietet die Arche Für Familien als aufsuchende Familienarbeit an?
«Wir bieten die sozialpädagogische Familienbegleitung und die psychodynamisch orientierte Familienbegleitung einzeln an. Die enge Zusammenarbeit zwischen sozialpädagogisch und psychotherapeutisch ausgebildeten Fachpersonen ermöglicht uns jedoch auch das Angebot einer umfassenden bedarfsorientierten aufsuchenden Familienarbeit: unser Kombimodell.»
Wie muss man sich dieses Kombimodell in der Praxis vorstellen? Gibt es dazu ein Beispiel?
«Während eine Fachperson Psychotherapie zum Beispiel mit den Eltern lebensgeschichtliche Ereignisse aufnimmt, welche evtl. die Eltern-Kind-Beziehung beeinträchtigen, arbeitet die Fachperson Sozialpädagogik mit den Eltern ganz praktisch im Einüben von neuen Verhaltensweisen in der Interaktion mit dem Kind. Beide Fachpersonen fördern die Eltern in der Wahrnehmung der Entwicklungsbedürfnisse ihrer Kinder, jedoch mit unterschiedlichen Methoden und in unterschiedlichen Alltagssettings. Eine Möglichkeit ist beispielsweise, dass die Fachperson Sozialpädagogik die Familie zu verschiedenen Zeiten im Tagesrhythmus wie beim Aufstehen der Kinder, beim Essen, in der Spielsituation oder dem Abendritual besucht. Ihre Beobachtungen nimmt sie mit den Eltern auf. Gemeinsam suchen sie nach altersentsprechenden Lösungen, wenn notwendig leitet die Fachperson Pädagogik an und unterstützt im Einüben von neuen Abläufen. Die Psychotherapeutin leistet in diesem Beispiel im Unterschied zur praktischen Arbeit der Sozialpädagogin aufdeckende Arbeit. Sie legt den Fokus auf innerpsychische sowie interpersonelle Konflikte. Wie haben die Eltern ihre eigenen Eltern erlebt, an welche Personen erinnert sie ihr Kind, was wiederholt sich aus der eigenen Geschichte?»
Wie wird der Austausch zwischen den Fachpersonen gewährleistet?
«Unser interdisziplinäres Team hat vielfältige Austauschmöglichkeiten in der Zusammenarbeit. Nebst dem persönlichen Austausch verfügen wir über gemeinsame Gefässe, wie Intervision und Supervision. Wir sind davon überzeugt, dass gerade diese nahe Zusammenarbeit eine gute Prozessbegleitung für die Familie ermöglicht. Gegenüber der Familie legen wir viel Wert auf Transparenz und eine gute Vertrauensbasis. So werden nur prozessförderliche Informationen ausgetauscht. Die Familie ist über den Austausch informiert oder bei sensiblen Themen mit dabei.»
Weshalb macht diese interdisziplinäre Begleitung im Kombimodell Sinn?
«Die Bedürfnisse von Familien, die Unterstützung einer aufsuchenden Familienbegleitung erhalten, sind sehr unterschiedlich und vielfältig. Wie sich aus Praxiserfahrungen in der Sozialpädagogischen Familienbegleitung gezeigt hat, ist eine enge Zusammenarbeit von Familienbegleiter/-innen mit Psychotherapeuten/-therapeutinnen für den gesamten Prozess einer Familie oft sehr unterstützend. Die unterschiedlichen Perspektiven, Herangehensweisen und Methoden der interdisziplinären Fachpersonen mit der Orientierung an gemeinsamen Zielen können diesen Prozess vertiefen und auf unterschiedlichen Ebenen begleiten.»
Für wen ist dieses Kombimodell besonders geeignet?
«Unser Kombimodell eignet sich besonders für Familien in der Bewältigung von schweren Krisen, Familien in Übergängen und bei psychisch belasteten Eltern mit Kindern von 0 bis 4 Jahren.»