Aktuelles aus der Arche Zürich

Der steinige Weg zum Glück

Geschrieben von Marianne Burgener | 14.06.2023

Zufrieden nuckelt die kleine Lena an einer Stange Salatgurke, draussen zwitschern die Vögel und die Sonne scheint. Im Wohnzimmer haben es sich Mama Paula und Papa Bruno gemütlich gemacht. Ein Glück, das sich die Eltern mehr als hart erkämpfen mussten. 

Der Blick auf ihr hart erkämpftes Glück, das mit der Geburt der kleinen Tochter vor etwas mehr als einem Jahr vollkommen wurde, erfüllt die Eltern sichtlich mit Stolz. Der 35-jährige Bruno erzählt von seinem Leben, das bereits nach der Schulzeit auf die schiefe Bahn geriet. Er fand keine Lehrstelle, erhielt nur Absagen und begann zu kiffen. Als es dann doch mit einer Ausbildung klappte, brach er diese ab, hing lieber herum und fing mit Trinken und Drogenkonsum an. Er kam an den Punkt, wo er sein Leben ändern wollte. Bruno beschloss, nach zwei erfolglosen Entzugsversuchen, einen neuen Weg einzuschlagen. Mit Hilfe des Sozialamts wagte er einen dritten Versuch mit einer Anschlusstherapie in der Arche Therapie Bülach. Sein Ziel war es, von Drogen und Alkohol wegzukommen, um eine Ausbildung zu machen und ein geregeltes Leben zu führen. «Ich wollte meiner Gesundheit nicht länger schaden, ich wollte weg von allem». 

Auch Paulas (29) Zuhause war nach einem Burnout und Alkoholsucht die Arche. Eine jahrelange, sehr komplizierte Beziehung überforderte die junge Frau derart, dass ihr Leben drohte, den «Bach runterzugehen», wie sie sagt. Es folgten Entzüge und eine Langzeittherapie; daraus resultierte ein Timeout, das sie in der Arche Bülach verbrachte. Dort lernte sie Bruno kennen und mit ihm jemanden mit demselben Problem. 

«Wir wollten eigentlich gar nichts voneinander wissen, zumal wir beide noch in einer Beziehung waren, aber dann hat es halt ‹Zoom› gemacht», erzählt Paula. 
«Das war das Beste, was uns hat passieren können», sagen die zwei übereinstimmend. Sie unterstützen einander und obwohl sie sich manchmal gegenseitig belasten und runterziehen können, ist die gemeinsame positive Energie viel wichtiger. «Wir haben in sehr kurzer Zeit viel erreicht, aber es liegt noch genau so viel vor uns.» 

Ein richtiges eigenes Zuhause für die kleine Familie 
Die Zusammenarbeit mit dem Betreuungsteam der Arche empfanden beide als unterstützend und wertvoll. Paula erklärt: «Wenn man aktiv mitmacht, sich offen mitteilt und die Gesprächsmöglichkeiten annimmt, dann hilft das Team sehr einfühlsam, wo es nur kann. Als ich schwanger war, habe ich die grösstmögliche Unterstützung erfahren. Das gab uns grosse Sicherheit.»  

Aufgrund von Paulas Berufsbeistand, meldete sich im Juni 2022 die KESB (Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde), als Lena zur Welt kam. Die Lebensumstände des jungen Paares wurden durchleuchtet und überprüft und es wurden viele Fragen gestellt. Das Arche-Team begleitete den Prozess und am Ende wurde den Eltern das alleinige Sorgerecht übertragen. Kurz vor der Geburt verliessen die beiden das schützende Umfeld der Arche Therapie Bülach und wohnten zunächst bei Brunos Mutter. Mit der Suche nach einer eigenen Wohnung hatten sie schon lange vor Verlassen der Arche angefangen, gleich nachdem sie wussten, dass ein Baby unterwegs war. Ein schwieriges Unterfangen, mit ihrem Betreibungsauszug hätten sie nur Absagen bekommen, berichtet Paula. Durch den Arbeitgeber von Bruno, die Stiftung Märtplatz, bekamen sie schliesslich die Möglichkeit, sich für ihre jetzige Wohnung zu bewerben, in die sie im September einziehen konnten. 

Viel ist erreicht, vieles muss noch erkämpft werden 
Paulas Alltag gleicht dem vieler Mütter. Sie besucht eine Krabbelgruppe, einen Baby-Schwimmkurs und nimmt an weitere Angeboten teil. «Es gibt immer viel zu tun, es ist nie langweilig». Ausserdem nimmt sie regelmässig Termine bei der Fabb (Fachstelle für Abhängigkeitserkrankungen Bezirk Bülach) wahr, die psychologische Unterstützung bietet. Bruno absolviert seine Ausbildung im Rahmen einer IV-Massnahme zum Hauswart bei der Stiftung Märtplatz, einer spezialisierten Ausbildungsstätte für Menschen mit Schwierigkeiten. Sein Chef sei äussert zufrieden mit ihm, wie er stolz berichtet: «Er hat mich ermutigt, anstelle der zweijährigen die dreijährige Lehre mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis zu absolvieren». 

Der tägliche Kampf wird die beiden weiter begleiten – Es gibt immer wieder Situationen, in denen sie dem Suchtdruck widerstehen müssen. Nachzugeben wäre so einfach, wie Bruno sagt, Alkohol und andere Drogen sind überall leicht zugänglich, «aber das kommt überhaupt nicht in Frage! Wir machen das Beste daraus und kämpfen; wir haben viele Pläne. Paula hat gerade ihre Autoprüfung bestanden, ich bin noch dran und wir haben eine wunderbare Tochter. Ausserdem befinde ich mich mitten in meiner Ausbildung, die mir sehr viel Spass macht.» Paula ergänzt, dass sie wirklich sehr viel erreicht hätten: «Vor zwölf Monaten wussten wir noch nicht einmal, wo wir als Familie wohnen sollten und jetzt ist alles geregelt und wir haben ein schönes Zuhause.» 

Die Auflage, in den nächsten drei Jahren regelmässig Haare zur Analyse abgeben zu müssen, empfinden sie nicht als Schikane, sondern als Unterstützung. Die Anforderung kommt von der Rechtsmedizin und ist eine Bedingung für den Führerschein. Es ist ein weiteres Puzzlestück, um weiterhin auf den Konsum von Suchtmitteln zu verzichten - für sich selbst und vor allem für Lena. Im Moment überwiegt die Vorfreude auf die bevorstehenden Sommerferien im Süden. Für Sorgen und düstere Gedanken ist kein Platz!