Die Zertifizierung der BVD als Qualitätslabel der Betriebe
Straffällige Personen wieder in die Gesellschaft einzugliedern, ist das oberste Ziel des Bewährungs- und Vollzugsdienstes (BVD). Eine der Institutionen, die Menschen bei ihrer sozialen (Re-)Integration und der Übernahme von Eigenverantwortung unterstützen, ist die Arche Therapie Bülach. Aktuell befindet sie sich im Zertifizierungsprozess der BVD.
Betriebsleiter Felix Fleischli erklärt, dass es sich dabei um einen «freiwilligen» Anerkennungsprozess handelt, der aber durchaus sinnvoll ist, weil damit alle ausführenden Vollzugseinrichtungen dieselben Standards erfüllen würden und dadurch auch ein gemeinsames Fallverständnis entstehen kann. «Die zertifizierten Betriebe verfügen nach erfolgreicher Anerkennung über ein Label, das sie auszeichnet und befähigt, straffällige Personen stationär wie auch ambulant auf dem Weg zurück in die Gesellschaft zu begleiten.»
Ausgearbeitet wurde das neue Reglement von einem Konkordat der Nordostschweizer Kantone im Auftrag ihrer Regierungen. Eine betriebliche Massnahme, die beispielsweise vorgeschrieben ist, ist der Besuch der ROS-Schulung (Risikoorientierter Sanktionen-Vollzug) – diese Kurse müssen von allen Mitarbeitenden besucht werden. Von den teilnehmenden Vollzugseinrichtungen werden zudem ein Organigramm und definierte Prozesse in der Fallgestaltung verlangt. Diese Überprüfung sei auch eine Chance, bestehende Prozesse und Abläufe zu beleuchten, zu hinterfragen und wo nötig, anzupassen: «Mit welchen Instrumenten arbeiten wir, was müssen wir an die BVD anpassen, wo lassen sich Vorlagen und Vorgaben integrieren; sind wir ressourcenmässig der Aufgabe gewachsen?» Diese und viele weitere Fragen würden auch Raum zur Eigenoptimierung schaffen, erklärt Fleischli. Natürlich gelte besondere Aufmerksamkeit dem professionellen Behandlungsteam und wie dieses zusammengestellt ist: Sozialabeiter:innen, Psycholog:innen, Agog:innen oder andere berufliche Backgrounds. Das Team muss in ihren Kompetenzen den Anforderungen gerecht werden, so lautet letztendlich der übergeordnete Auftrag von Bund, Kantonen und Gesellschaft.
Das erste Audit ist erfolgreich verlaufen, das zweite steht an
Das erste konkordatliche Audit hat die Arche Therapie Bülach im letzten Jahr erfolgreich durchlaufen – die Empfehlung lautet auf eine vorläufige Anerkennung. Bis zum nächsten Audit, das im Mai 2025 durchgeführt wird, müssen noch «einige Hausaufgaben» erledigt werden, wie der Betriebsleiter betont, aber «wir sind bereits daran, alle geforderten Anpassungen umzusetzen.»
Die eigentliche Zertifizierung sieht Fleischli als Lohn für die Bemühungen der Arbeit der letzten Jahre. Sie wurde stark darauf ausgelegt, die Prozesse den BVD anzupassen, um vermehrt Menschen aus dem Justizvollzug aufnehmen und unterstützen zu können. Allerdings sei es enorm wichtig, dass auch jedem und jeder im Team bewusst sei, was die Arbeit mit straffällig Gewordenen bedeute, und was sie beinhalte.
Gegenüber den BVD sei es bedeutend, den Unterschied der Arche gegenüber anderen Institutionen hervorzuheben und bewusst zu machen: «Wir sind eine diagnostisch ausgerichtete Einrichtung, das heisst, wir arbeiten mit den Menschen zusammen. Jede:r Klient:in wird professionell auf eine objektive Art bewertet; ein zentraler Punkt und eine Stärke unserer Arbeit.» Trotz dieses Unterschieds zu ähnlichen Anbietern sei das gemeinsame Fallverständnis garantiert.
Klare Positionierung und gegenseitige Kenntnis
Mit dem Eintritt in die Arche Bülach beginnt für die Klient:innen eine neue Phase im Rahmen ihrer Massnahme. Sie kommen aus dem klar strukturierten Alltag hinter Gefängnismauern in eine Umgebung ohne Zaun mit unterschiedlichen Menschen zusammen, deren Hintergründe sich komplett von den ihren unterscheiden. Sie müssen im offenen Vollzug lernen, Eigenverantwortung zu übernehmen und sich in einem weniger durchgetakteten Tag zurecht zu finden. Sie müssen (wieder) üben, mit anderen in respektvolle Beziehung auf Augenhöhe zu treten und allfällige Ungereimtheiten einvernehmlich zu lösen. Eine wichtige Zwischenstufe, bevor sie in die Bewährung entlassen werden und eine Herausforderung für alle Involvierten. Die ausgewogene Zusammensetzung der Klient:innen spielt eine zentrale Rolle, auf den das Betreuungsteam einen klaren Fokus legt.
Die konkordatliche Anerkennung zeige gut auf, welche Klient:innen für welche Vollzugeinrichtung geeignet seien. Es gebe klare Grenzen, für wen Bülach passe und für wen nicht. Dieses Wissen bestehe gegenseitig und erleichtere so den Anfrage- und Platzierungsprozess. Vereinfacht sei auch die Finanzierung des Aufenthalts, da die Einweisungen durch den BVD in einem Zwangskontext stehen und zwingend erfolgen respektive, finanziert werden müssen.
Ebenso legt Fleischli sehr grossen Wert auf eine klare Positionierung der Arche Therapie Bülach in Bezug auf ihre Dienstleistung: «Den BVD ist bekannt, dass wir uns stark mit Suchtthematiken befassen und im Umgang damit ein profundes Know-how besitzen. Weiter ist die Arche Bülach für ihre familiäre und persönliche Beziehungsgestaltung bekannt. Ein respektvoller Umgang, eine maximale Partizipation der Klient:innen ist der Arche genauso wichtig wie eine klar strukturierte und dem Normalitätsprinzip angelehnte Alltagsgestaltung.
Ist eine Person zu platzieren, dann werde geschaut, welches die geeignetste Anlaufstelle für eine möglichst erfolgreiche Wiedereingliederung sei. Ein Prozess, der nur dank gegenseitiger Kenntnis und Kommunikation funktioniert.