Das jährliche Kinderlager der Arche Für Familien ist kein gewöhnliches. Es birgt oftmals unerwartete Herausforderungen für die Kinder als auch für die Betreuenden. Vor allem aber bietet es den Kindern die Chance, wertvolle erste Lagererfahrungen zu sammeln.
Erst vor kurzem führte die Arche Für Familien wieder ihr jährliches Kinderlager durch. Während drei Tagen und zwei Nächten durften die mitgereisten Kinder ihre ersten Lagererfahrungen sammeln. Sie alle kamen bis dahin nicht in den Genuss, ein Pfadilager, Fussballclublager, Blauringlager usw. besuchen zu können, so, wie dies vielen Kindern in der Schweiz möglich ist. Kindern von mehrfach belasteten Familien bieten sich meist gar keine oder nur selten Möglichkeiten, entsprechende Erfahrungen zu machen. Das Lager der Arche Für Familien hilft vorzubeugen, dass beispielsweise ein obligatorisches Schullager zur schmerzlichen Erinnerung für ein Kind wird. Gleichzeitig bietet es auch ein Lernfeld für die Eltern. Gilt es doch für manche Mütter und Väter, das erste Mal über Nacht ‘loszulassen’, das Kind für ein paar Tage gehen zu lassen. Aber was alles heisst es für das Kind? Weg von zuhause sein, das erste Mal auswärts übernachten?
Wandern, bräteln, streiten, basteln und ... stolz sein
Mit neun Kindern - bis zur 4. Klasse - reiste das Betreuer:innen-Team zum renovierten, gemütlichen Pfadiheim Alt Uetliberg. Das ruhig am Waldrand gelegene Haus bot optimale Bedingungen, die freie Natur bei gutem und auch bei schlechtem Wetter zu erleben. Es wurde gespielt, gewandert, gekocht, gebastelt und zwischendurch sicher auch mal gestritten. Auch Streit und Auseinandersetzungen sollten ihren Platz haben. Es ging auch darum, Lösungen bei einem «Knatsch» zu finden, Regeln gemeinsam zu bestimmen und ihnen zu folgen. Auf jeden Fall war dieses Lager auch dazu da, den Kindern Ängste zu nehmen und im Idealfall ein gutes Gefühl zu vermitteln. So, dass sie sich bereits auf ihr nächstes Lager freuen können, auch wenn die Platzverhältnisse im Schlafzimmer vielleicht eng sind und man es sogar mit andern teilen muss. Schlussendlich musste keines der Kinder frühzeitig nach Hause und sie waren alle so stolz, dieses Lager gemeinsam erlebt zu haben.
Selber den eignen Koffer packen
Was für uns Erwachsene so normal klingt, kann für ein Kind bereits ein grosses Abenteuer bedeuten. Was muss ich alles in den Koffer packen? Den Fussball, die Fussballschuhe, das Skateboard, ...? Und braucht’s eine Zahnbürste, Waschzeugs, Kleider zum Wechseln? Es gilt also, sich zu organisieren, sich mit dem Lagerort auseinanderzusetzen und dabei hoffentlich festzustellen, dass Skateboard, Fussball etc. im Wald wohl keine so gute Wahl sind. Doch, was könnte es dort «oben» wirklich brauchen? Vielleicht einen Regenschutz, einen warmen Pullover, Schuhe mit gutem Profil? Bei all diesen Fragen sind die Eltern natürlich mitgefordert, denn sie sind beim ganzen Prozess direkt involviert. Auch sie müssen sich entsprechende Gedanken machen und können vielleicht auf selbstgemachte Erfahrungen zurückgreifen und ihrem Kind den einen oder andern guten Tipp geben. Und natürlich begleitet die Arche Für Familien die Kinder und Eltern im Vorfeld und unterstützt sie beim Organisieren.
Heimweh darf dazu gehören
Die Lagerleiterin und Sozialarbeiterin Karin Hitz berichtet davon, wie unterschiedlich die Reaktionen der Kinder in Bezug auf Heimweh waren und dass manche Kinder ganz anders dem Gefühl des Von-zu-Hause-weg-Seins begegneten, als man es im Vorfeld vermutet hatte: «Es gibt solche, die haben es voll und ganz genossen, einmal ihre Zeit ohne die Eltern und selbstbestimmter zu verbringen. Anderen wiederum ist es sehr schwergefallen und sie haben schwierige Abendstunden durchlebt.» Das kann natürlich jedem Kind beim ersten Lagerbesuch passieren. Deshalb ist es wichtig, dass man möglichst schon frühzeitig mit anderen Mädchen und Buben diese Erfahrung teilen kann.
Entlastung und Inspiration für die Eltern
Obwohl, wie beschrieben, auch die Eltern ihren Teil beitragen müssen, ist dieses Lager durchaus als Entlastung für sie gedacht. Sie erhalten die Gelegenheit, mal eine Auszeit für sich zu haben, oder je nach Situation, auch einmal etwas mehr Zeit für ein anderes oder andere ihrer Kinder zu haben. Wie auch immer die Familienkonstellation ist, grundsätzlich soll ihnen während der drei Tage etwas Freiraum zur Verfügung stehen, in dem sie möglichst etwas tun können, das ihnen Freude bereitet. Und, wenn die Kinder dann wieder nach Hause zurückgekehrt sind, wirken deren Erzählungen oft inspirierend, wenn es darum geht, bald wieder einmal etwas gemeinsam als Familie zu unternehmen. Zum Beispiel bräteln im Wald.