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«Räge, Rägetröpfli, es rägnet uf mis Chöpfli»

Treffender als dieser Kinderreim kann der Sommer kaum beschrieben werden. Ein richtiges Sommerhoch wurde vermisst – ebenso flimmernde Hitzetage und schwüle Nächte. Was für uns schade war, bereitete Gemüseproduzent:innen Schwierigkeiten, wie ein Besuch auf dem Arche Biohof zeigt.

Der verregnete Sommer folgte einem verregneten und viel zu kühlen Frühling. Ausser kurz im Juni warteten Gemüsebauern, Hobbygärtnerinnen und Sonnenanbetenden vergeblich auf eine warme, schöne und stabile Wetterlage. Die Monate Juni und Juli 2021 waren wirklich vielerorts in der Schweiz ausgesprochen nass. In der Deutschschweiz fiel an zwei von drei Tagen Regen und das nicht zu knapp. Die Wassermassen verursachten grosse Schäden durch Überschwemmungen. Schlammlawinen und Murgänge begruben Häuser, Autos und Gärten unter sich und mancherorts vermittelten die Hagelhaufen eher das Gefühl von tiefem Winter als von Hochsommer. Welche Auswirkungen dieses nass-kalte Wetter auf dem Arche Biohof hatte, wollte ich direkt vor Ort erfahren.
 
Stau im Gewächshaus
Die wetterbedingten Verzögerungen hätten sich bereits im Frühling deutlich abgezeichnet, sagt David Giger vom Biohof. So seien die meisten Setzlinge um einiges langsamer gewachsen als in normalen Jahren und wären damit zwischen drei und vier Wochen später aussetzführte zu regelrechten Staus und Platzproblemen im Gewächshaus. 
 
Ein Bild, das Gewächshaus, grün, Marktplatz enthält. Automatisch generierte Beschreibung
 Die wachstumsbedingte Verzögerung zog sich dann durch die ganze Gemüsesaison durch: Zu spätes Auspflanzen, zu langsames Wachstum und dadurch spätere Erntezeiten als in normalen Sommern. Zu den kühlen Temperaturen sei das viele Wasser «von oben» noch erschwerend dazugekommen, wie David weiter erörtert. Unwetterartige Regenfälle, Hagel und Gewitterstürme hätten den Kulturen arg zugesetzt – und als sei das nicht schon genug, seien wahre Heerscharen von Schnecken über die Pflanzen hergefallen. Aus diesen Gründen sei vor allem die Salaternte 2021 sehr schlecht ausgefallen.
 
 
Wasser, Fäulnis und Pilze – ein schwieriges Gemüsejahr 2021
Aber nicht nur Kälte und Nässe setzten den Pflanzen zu, sondern auch Pilze und Fäulnis – beides natürlich eine Folge der Feuchtigkeit. So litten insbesondere die Tomatenstauden an Braunfäule, trotz der Folientunnel. Der Befall war teilweise so stark, dass den Pflanzen sämtliche Blätter abgeschnitten werden mussten. Zucchetti und Gurken wurden dagegen vom Mehltau befallen, was sich vor allem bei den Gurken negativ auf die Ernte auswirkte.  Auf meine Frage, ob man hätte auf die schlechten Bedingungen mit anderen Sorten reagieren  können, schüttelt David Giger den Kopf. Man hätte ja weder den nasskalten Frühling noch den wechselhaften, ebenfalls zu nassem Sommer voraussehen können. 
Einzige mögliche Reaktion auf schwierige Grosswetterlagen sei es, sich sortimentsmässig möglichst breit abzustützen, um Ausfälle bei einzelnen Sorten besser ausgleichen zu können. 
 
Der Biohof beliefert viele Kund:innen im Abonnement mit wöchentlichen Gemüsekörben – da liegt die Frage nahe, ob die Körbe trotzdem gefüllt und die Kund:innen von gesundem Gemüse profitieren konnten. Glücklicherweise konnte dieser Service aufrechterhalten bleiben. Dank Zukäufen von externen Biolieferanten – allerdings zu höheren Preisen als üblich, weil die Situation in der gesamten Region die gleiche und damit die Lage auf dem Gemüsemarkt sehr angespannt war und immer noch ist. Dies führte auch zu höheren Einkaufspreisen, unter denen auch der Biohof zu leiden hatte.
 
Brennholzlieferung fast vor die «Haustüre»
Durch die anhaltenden starken Regenfälle konnte der Boden kein Wasser mehr aufnehmen. Es lief einfach über die Wiese den Hang hinunter und Mäuselöcher wurden zu regelrechten Quellen. Durch diese unglaublichen Wassermassen wurde der Hang hin  zur unten verlaufenden Hauptstrasse regelrecht aufgeweicht und der Schutzwald geriet als Ganzes ins Rutschen. Die Erdmassen deckten die Strasse komplett zu; dank der sofortigen Sperrung ist niemand zu Schaden gekommen. Das Holzerteam des Biohofs benötigte zwei Wochen, um die gefällten Bäume zu zersägen, damit die Strasse geräumt und wieder freigegeben werden konnte. Immerhin, dieses Holz wird  alle zweimal wärmen: Beim kräftezehrenden Räumen im Sommer und als Wärme aus dem Ofen im Winter …
 
Um dem Sommer 2021 doch noch etwas Gutes abgewinnen zu können, suchen wir die «Nadel im Heuhaufen» und können doch noch einen Vorteil finden: Dank des vielen Wassers von oben musste praktisch nie bewässert werden. Das hat viel Wasser eingespart sowie auch viel Zeit. Wässern ist eine zeitaufwändige Arbeit, die in den letzten Monaten fast nie nötig war. Ein schwacher Trost.
 
(Fotos: Pixabay, Biohof)